Riedstadt. „Es war wie im Horrorfilm“. So erinnert sich Bernd Koch an den 2. August 2024 auf dem Nürburgring. Ein normaler Trainingstag – bis ein Knall die Boxengasse erschüttert und das Leben vieler Menschen für immer verändert. „Wir standen nur zehn Meter entfernt“, erzählt der Riedstädter vom Moment des Knalls. Es folgten Bilder des Grauens, die Bernd Koch als Ersthelfer nie mehr vergessen wird. Auch Sohn Niklas nicht, dessen Rennwagen in der Box stand, hinter der eine Druckluftflasche aus bis heute ungeklärten Gründen explodiert war. Die Staatsanwaltschaft ermittelt noch, wenn die Langstreckenserie VLN an diesem Wochenende an den Ort des Schreckens zurückkehrt.

Explosion am Nürburgring: Druckluftflasche zerfetzt

Die Folgen an den Wänden sind übermalt, die Spuren an Körper und Seele bleiben. Auch bei Kochs Teamchef, einer von vier Schwerverletzten unter mehr als 20 Opfern. „Am Anfang denkst du, es ist alles vorbei“, erzählt Ioannis Smyrlis, der von unzähligen Splittern der explodierten Druckluftflasche verletzt wurde, eine Woche in der Unfallklinik lag und vor Kurzem nochmal an der Hand operiert werden musste. Er ist froh, dass sein Gehör sich langsam erholt. Sechs Wochen lang war er taub. „Die kleinen Schritte geben einem Hoffnung und Mut, dass man weiterkämpft“. Für die eigene Gesundheit, aber auch die Zukunft seines Teams, das zu den größten im Tourenwagensport gehört.

20 Teammitglieder wurden verletzt, ein guter Freund von Smyrlis verlor beide Beine. „Wir versuchen halt, in die Normalität zurückzukommen“, sagt der Teamchef, der selbst auch Rennfahrer ist. Was mental sehr schwierig ist, wirtschaftlich noch mehr. Der Sachschaden ging in den sechsstelligen Bereich.  „Nur dank der großen Unterstützung von Fans, Freunden und kooperierenden Teams konnten wir weitermachen“, erklärt Smyrlis, der selbst eine zweite Spendenaktion einleitete.

Team Smyrlis wartet auf Spenden

Zwar hatte die VLN selbst direkt nach der Katastrophe zu Spenden aufgerufen. „Geld haben wir bisher aber keins bekommen“, sagt Smyrlis. Die VLN hat kurz vor dem Rennwochenende erklärt, dass eine erste Auszahlung erfolgt und man „von der eingegangenen Summe überwältigt“ sei. Beziffert wird ein mittlerer fünfstelliger Betrag, der für alle Beteiligten aber wohl nur kleine Hilfen erwarten lässt.

„An der Box werden die Emotionen sicher hochkommen“, sagt Niklas Koch, der nach vielen erfolgreichen Jahren im BMW-Challenge erstmals in der VLN fährt und rein sportlich nach vielen anderen Problemen auf ein normales Rennen hofft. Das Team Symrlis teilt sich die Box mit dem Team Manthey, dessen Grello-Porsche zu den Publikumsmagneten gehört. „Am Morgen waren hier noch Schulklassen unterwegs“, mag Bernd Koch gar nicht an Folgen im Falle einer früheren Explosion denken. Er wundert sich zum einen, wo das Geld der Spendenaktion bleibe, für die zum Beispiel Overalls prominenter Rennfahrer versteigert wurden. Er ärgert sich zum anderen aber vor allem über den Verlauf des Rennwochenendes nach der Explosion. „Dass das Rennen trotzdem gefahren wurde, ist ja noch okay. Dass aber Meisterschaftspunkte vergeben wurden, obwohl einige Teams wegen der Schäden oder aus Pietät nicht starteten, ist ein Unding“.

Die PS-Show geht eben ungebremst weiter. An diesem Wochenende werden rund 200 Autos auf der Nordschleife im Einsatz sein. Für alle Teilnehmer gab es immerhin ein Rundschreiben zur Sensibiliserung des Themas. Titel: „Umgang mit Druckluftbehältern“.


Quelle: Darmstädter ECHO vom 18. Oktober 2024 + Gross-Gerauer ECHO vom 19. Oktober 2024